Hervorragende Oberflächenqualität als Voraussetzung eines ästhetischen Designs bei Musikinstrumenten

H. Hoyer
Demusa report ‘88

Die heutige Oberflächengestaltung stellt eine sich ständig entwickelnde, wissenschaftlich-technisch wohlabgewogene, harmonische Komposition von Werkstoffen und Verfahren dar, die mittels industrieller und handwerklicher Methoden realisiert wird. In Anbetracht der großen Bedeutung des optischen Eindruckes beim Kauf von Musikinstrumenten schenken die Musikinstrumenten-Hersteller der Oberflächenqualität besondere Beachtung.
Die Erzeugung der Oberflächen von Musikinstrumenten ist ein komplizierter Prozeß. Er beginnt nach einer Vorreinigung mit Schleif-, Polier- bzw. Dessinierarbeitsgängen. Oft schließt sich eine Galvanisierung bei Metallen an. Den Abschluß bilden Auftragsverfahren der Anstrichtechnik. Diese sind - je nach Musikinstrumenten, ja sogar Musikinstrumententeilen - oft sehr unterschiedlich. Bei Metalloberflächen ist auch nach der Galvanisierung mit Zink, Nickel, Messing, Silber ein zusätzlicher Korrosionsschutz erforderlich, um die Instrumente vor Korrosion und Anlaufen zu bewahren. Feinste Vernierlacke schützen anlaufgefährdete Oberflächen, besonders aus Messing, Tombak und Silber mit einer dünnen, glänzenden Hülle, die die spezifischen Gestaltungsmerkmale einer Metalloberfläche erst recht zur Geltung bringt. Sichtbare Teile, die eine Lackschicht aus akustischen Gründen nicht empfehlenswert erscheinen lassen, werden mit Korrosionsschutzinhibitoren behandelt.
Die Forschungstätigkeit im Institut für Musikinstrumentenbau befaßt sich auch mit Problemen der Erzeugung und des Schutzes von Musikinstrumentenoberflächen. So werden Forschungsarbeiten auf dem Gebiet des dekorativen und funktionellen elektrochemischen Polierens durchgeführt. Mit dem elektrolytischen Gleitpolieren, einer Kombination von mechanischen und elektrochemischen Wirkmechanismen, wurden erste bemerkenswerte Erfolge erzielt. Was kennzeichnet das elektrolytische Gleitpolieren? Um diese Frage zu beantworten, ist zunächst der Prozeß des elektrolytischen Polierens zu betrachten. Das von Beutel und Spitalski erfundene Verfahren des EC-Polierens beruht auf anodischem Abtrag der Spitzen eines Mikroprofils in einer Elektrolytlösung. Durch ganz gezielten Spitzenabtrag erreichen die Proben bald eine spiegelglänzende Oberfläche. Verschiedene Musikinstrumentenhersteller in der Welt nutzen diese Technologie. Sie besticht besonders durch ihre Einfachheit bei der Politur stark profilierter und gekrümmter Teile, die nur sehr schwierig einer Polierbearbeitung zugänglich sind. Solche Teile sind bei Musikinstrumenten nicht selten. Die Gesetzmäßigkeiten der Einebnung beim EC-Polieren ergeben aber immer nur eine Art "Kantenverrundung" des Mikroprofils. In die zu polierende Oberfläche hineinragende Oberflächenverletzungen verlangen unwirtschaftlich hohe Polierzeiten.

Durch Überlagerung des elektrochemischen Abtragens mit mechanischem Abtrag durch ein Kugelpolierverfahren ist es im Institut für Musikinstrumentenbau gelungen, ein neues Wirkprinzip zu finden, das Oberflächenpolituren von Messing für Musikinstrumente erzeugt, die den hochwertigen Handpolituren nahekommen. Dabei ist es möglich, unmittelbar von der feingezogenen, feingewalzten Metalloberfläche ohne Zwischenschleifen auszugehen und spiegelglänzende Messingoberflächen, aber im Prinzip auch andere Metalloberflächen, zu erzielen.

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen bei 1000-facher Vergrößerung (Abbildung ) lassen die Polier- und Oberflächengrundstrukturen erkennen. Oben ist die Messingoberfläche eines gezogenen Rohres, in der Mitte die elektrolytisch gleitpolierte Oberfläche und unten eine mechanisch polierte Oberfläche, die bekanntlich auch oft örtliche Anschmelzungen und Poliermittelreste aufweist dargestellt.

Vorteilhaft gegenüber dem konventionellen elektrolytischen Polieren ist beim elektrolytischen Gleitpolieren die Einsparung des Vorschleifens der Oberfläche, die Einebnung gewisser Vertiefungen durch die mechanische Umformung der Oberfläche und der bis zu 25 Prozent gesenkte Bedarf an Polierelektrolyt, der nur das von den mechanischen Polierkörpern nicht ausgefüllte Restvolumen füllt.

Weitere Forschungsarbeiten wurden im Institut für Musikinstrumentenbau auf dem Gebiet des aktiven Korrosionsschutzes mit Inhibitoren bei Messing, Tombak, Kupfer und Silber durchgeführt. Mit dem im Forschungszentrum der Musikinstrumenten-Industrie der DDR entwickelten Betafett können temporäre Korrosionsschutzaufgaben bei vorgenannten Metallen erzielt werden.

Beispiele hierfür sind:

- Anlaufschutz von sichtbaren goldfarben Getriebeteilen von Gitarrenmechaniken

- Anlaufschutz metallumsponnener Musiksaiten

 

Die Forschungsergebnisse werden auch auf anderen Gebieten genutzt, so z. B. bei der Passivierung von Tafelgeschirr. Oberflächenschutztechnik ist immer mit Umweltschutz- und Hygieneproblematik verbunden. Oberstes Anliegen sind daher umweltfreundliche und hygienisch unbedenkliche Lösungen. Mit dem Elektrolyten "Glanzmeister" wurde ein neuer, umweltschutzmäßig günstiger Polierelektrolyt für Messing entwickelt. Daß ein Anlaufschutz, der u. a. auch für Tafelgeschirr angewendet wird, hygienisch völlig unbedenklich sein muß, versteht sich dabei von selbst.

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